Schwertransport durch die Wüste
- Fotos: Alexander Volkmann/FUNKE Mediengruppe
- Datum: 08.10.23
1.600 Kilometer auf größtenteils unbefestigten Straßen durch Algerien, eine Fahrt über Sand, Schotter und überspülte Wege: Beim Transport dieses 150 Tonnen schweren Tanks war das Team mit extremen Bedingungen konfrontiert. Das Transportunternehmen Groupe Chakour brachte den 18,5 Meter langen Tank vom Hafen Arzew am Mittelmeer in den Südosten des Landes. Dabei setzten die Transportspezialisten auf eine Fahrzeugkombination, die zehn modulare Achslinien ModulMAX G-SL mit BPW Pendelachsen umfasst. Gebaut wurde sie von Faymonville, einem der führenden Hersteller von Tiefladeaufliegern, nach kundenspezifischen Anforderungen. Rainer Noe, Produktmanager bei Faymonville, erklärt: „Bei solchen Projekten muss größtenteils echtes Offroad-Gelände bewältigt werden: steinige, staubige, mitunter abschüssige Wege. Bedingungen wie diese kennen wir aus vielen Einsätzen vor allem in Afrika und Asien, aber sie sind immer wieder eine neue Herausforderung.“
Hitze und mechanischen Kräften standhalten
Algerien liegt in unterschiedlichen Klimazonen, das Klima dort ist jedoch vorwiegend trocken und heiß. Der Süden des Landes gehört größtenteils zur Sahara-Wüste, wo das Thermometer im Sommer schnell über 40, teilweise sogar 50 Grad Celsius und mehr zeigt. Genau dafür ist die ModulMAX Modulfahrzeugreihe von Faymonville konstruiert – für Straßen- und Off-Road-Einsatz und klimatische Bedingungen von glühend heißen 50 Grad Celsius in der Wüste bis zu eiskalten minus 40 Grad in Sibirien. „Alles, was über 40 Grad plus geht, fängt an, gewisse Anforderungen an das Material zu stellen“, beschreibt Rainer Noe. „Vor allem betrifft das die Reifen: Die müssen der Hitze und den mechanischen Kräften standhalten können. Bei Schwertransporten wird bei eher niedrigen Geschwindigkeiten um die 30 bis 40 Kilometer pro Stunde gefahren. Dort ist die Belastung durch das Gewicht ein viel wichtigerer Einflussfaktor.“ Das Temperatur-Extrem in die andere Richtung – starke Kälte mit Minustemperaturen ab etwa minus 20 Grad Celsius – fordert laut Noe das Material besonders heraus: „Bei sehr niedrigen Temperaturen kann sogar Metall spröde werden.“
Wenn wir durch vom Regen aufgeweichte Erdwege fahren, kann schnell mal die ganze Achse mit Schlamm überzogen sein. Das sind schon wirklich extreme Bedingungen.
Hoher Druck auf den Boden
Der Kessel, den die Konstruktion von Faymonville durch Algerien bewegt hat, wiegt 150 Tonnen. Damit lasten ganze 185 Tonnen auf den Achsen des Fahrzeugs. Entsprechend hoher Druck wirkt auch auf den Boden. „Da passiert es schon mal häufig, dass ein Fahrwerk im Boden versinkt, weil der Untergrund gar nicht in der Lage ist, solche Lasten zu tragen. Oder wenn man über einen Kanaldeckel fährt, bricht der durch, weil er nicht für diese Belastung ausgelegt ist.“ Viele Dinge ließen sich auch vorher kaum planen: „Es passiert zum Beispiel schnell mal, dass ein Bach durch starken Regen weit über die Ufer tritt und plötzlich ein Hindernis darstellt, das wir so nicht vorhergesehen haben.“
Steinschlag, aufgewirbelter Sand und Matsch
Bei hohen Geschwindigkeiten ist die Belastung durch Steinschlag oft hoch: „Man kennt das auch vom privaten Pkw – wenn man damit eine Schotterstraße passiert, klimpert es nur so im Radkasten“, so Noe. „Beim Lkw ist dort aber jede Menge Technik installiert.“ Es werde auch ständig Sand von unten aufgewirbelt, der gegen das Material schlägt. Das bedeutet massive Belastungen, die auf Dauer besonders auf die Achsen und Räder wirken. „Wenn wir durch vom Regen aufgeweichte Erdwege fahren, kann schnell mal die ganze Achse mit Schlamm überzogen sein“, führt er weiter aus. „Das sind schon wirklich extreme Bedingungen.“
Die Vielfalt an Achsen, die wir benötigen, ist groß. BPW kann fast alles abdecken oder hat Modifikationen möglich gemacht.
Stabilität, Robustheit - und einfache Technik
Die eingesetzten Transportfahrzeuge müssten eine entsprechende Stabilität und Robustheit mitbringen – und im besten Sinne möglichst simple Technik: „Wir brauchen nicht viele Sensoren oder elektronische Bauteile im Fahrwerk, sondern es ist perfekt, wenn die Achsen sehr mechanisch aufgebaut sind. Einfache, robuste Technik, die auch mal aushält, wenn von außen Schmutz oder Wasser eindringt.“ Weiterhin seien zuverlässige Lager unerlässlich: „Um Unebenheiten im Boden auszugleichen, müssen die Achsen sehr beweglich sein – während die Belastung gleichbleibend hoch ist. Die Verantwortung dafür liegt im Lager der Achse.“
Bei technischen Fragen gut im Austausch
Als Familienunternehmen mit 1.300 Mitarbeitenden baut Faymonville Spezialfahrzeuge für den Straßentransport. „Wir haben mit Abstand die größte und vielfältigste Produktpalette in diesem Bereich“, so Rainer Noe. Rund 3.000 Fahrzeuge verlassen pro Jahr die Werkshallen. Seit geraumer Zeit setzt das Unternehmen bei der Ausstattung neuer Fahrzeuge komplett auf BPW. „Die Vielfalt an Achsen, die wir benötigen, ist groß. BPW kann fast alles abdecken oder hat Modifikationen möglich gemacht. Wir arbeiten eng zusammen und sind mit dem Konstruktions-Team inzwischen per du“, sagt Rainer Noe. „Wenn wir technische Fragen haben, sind wir immer gut im Austausch. Genauso kommt BPW auch auf uns zurück, um von unseren Erfahrungen zu lernen.“ Und teilweise wollen auch die Kunden BPW: „Groupe Chakour hat sich bei diesem Transport durch die algerische Wüste explizit BPW Achsen gewünscht.“
Wenn ein neuer Transport geplant wird, analysiert das Team von Faymonville gemeinsam mit dem Kunden alle Rahmenbedingungen, beispielsweise die Achslast oder die Beschaffenheit des Bodens. „Idealerweise ist die zu bewältigende Strecke zuvor bereits abgefahren worden, damit beispielsweise Abschnitte gemieden werden können, an denen die Kippgrenzen überschritten werden, und ein Fahrzeug mit ausreichend Zugkraft ausgewählt wird – teilweise braucht man eine zweite oder dritte Zugmaschine, um Steigungen zu überwinden.“ Genauso entscheidend sei selbstverständlich ausreichend Bremsleistung.
SpaceX wird auf BPW Achsen nach Cape Canaveral gebracht
Unter den Kunden sind immer wieder herausragende Namen. Einer der jüngsten Aufträge für Faymonville: Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX hat eine zweite Kombination zum Transport von Raketen geordert. Diese sind 60 Meter lang – das entspricht der Breite eines Fußballfeldes. Das Fahrzeug, das mit BPW Achsen ausgestattet ist, soll von der Westküste quer durch die USA bis nach Cape Canaveral in Florida gebracht werden. „Hier müssen wir insbesondere die Sicherheit des Transports mit unseren Fahrzeugen durch konkrete Berechnungen vorab genauestens nachweisen“, sagt Rainer Noe. „Jedes Projekt hat seine eigenen Herausforderungen, jedes von ihnen ist individuell. Das macht den Reiz und auch die Freude an unserem Job aus.“